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Hilfe & Unterstützung Demenz & Abwehr Was ist hier zu beachten?

Demenz & Abwehr
Was ist hier zu beachten?

Um einen Menschen mit Demenz für die Mundpflege zu gewinnen bzw. diesen Menschen bei der Mundpflege zu unterstützen, ist eine gute Beziehungsgestaltung oft der Schlüssel. Bei der Beziehungsgestaltung geht es darum, das dem Augenblick zugrundeliegende Gefühl zu erspüren und den Menschen in seiner Welt „abzuholen“ (Validation).

Abwehrendes Verhalten

Auffälligkeiten und Zeichen für abwehrendes Verhalten (CRB: „care resistant behaviour“) bei der Mundpflege können sein:

  • Verbale Ablehnung
  • Zusammenpressen der Lippen
  • Wegdrehen des Kopfes
  • Wegstoßen der Hand bei Annäherung oder während der Pflege

Zunächst solten folgende Askpete hinterfragt werden.

Grund Maßnahme
Zu harte Borsten der Zahnbürste Andere bzw. neue Zahnbürste (Borstenhärte, Abnutzung)?
Unangenehmer Geschmack der Zahnpasta Andere Zahnpasta (Geschmack, Schärfe)
"Falscher" Zeitpunkt bzw. Ort Anderer Zeitpunkt bzw. Ort
"Falsche" Hilfsmittel Andere Hilfsmittel (Farbe, Geruch bzw Material der Handschuhe, Allergie?)
"Falsche" unterstützende Person Andere unterstützende Person 
Schmerzen oder Probleme im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich Abklärung, ggf. zusammen mit Zahnarzt

Beziehungsgestaltung

Die 11 Tipps zur besseren Verständigung mit Menschen mit Demenz der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. in verschiedenen Sprachen fassen wichtige Hinweise für eine gelingende Kommunikation zusammen.

Nachfolgende aufgeführte Maßnahmen werden in der Literatur als "Mouth Care Without a Battle" (MCWB) oder "Managing Oral Hygiene without Threat reduction" (MOUTh) beschrieben:

  1. Umgebung: Führen Sie die Mundpflege in einer ruhigen und vertrauten Umgebung durch. Reduzieren Sie möglichst die Anzahl der anwesenden Personen.

    Ein hoher Lautstärkepegel und zusätzliche – vor allem fremde – Personen können bedrohlich wirken. Vertraute Objekte (z. B. Stofftiere oder Handtasche) können hilfreich sein.

  2. Augenhöhe: Nähern Sie sich auf Augenhöhe und bleiben Sie innerhalb des Blickfeldes der zu pflegenden Person.

    Eine Annäherung von hinten oder von oben herab kann als Bedrohungssituation wahrgenommen werden und damit eine Abwehrhaltung provozieren. Achten Sie darauf, sich langsam von vorne anzunähern.

  3. "Gutes Gesicht": Lächeln Sie während der Interaktion.

    Die Situation kann durch ein Lächeln mit positiven Emotionen assoziiert werden. Das hilft dabei, die Situation als „sicher“ darzustellen. Ein Mensch, der lächelt, wird selten als bedrohlich empfunden.

  4. Positive Beziehung: Bauen Sie eine positive Beziehung zu der zu pflegenden Person auf (z. B. ein Kompliment über die Kleidung machen). Begleiten Sie die Maßnahmen der Mundpflege mit einfachen Worten.

    Nicht bedrohliche Konversationen können dabei helfen, eine Situation als „sicher“ zu etablieren.

  5. Respekt: Vermeiden Sie „Kindersprache“ und Kollektivpronomen (z. B. „Jetzt putzen wir mal die Zähne“). Nutzen Sie keine herabwürdigenden Begriffe (z. B. „Schätzchen“ oder „Liebchen“).

    Ein herablassender und entmenschlichender Grundton, der mit Kindersprache einhergeht, kann die Bedrohungswahrnehmung des demenziell Erkrankten erhöhen.

  6. Stichwort geben bzw. um Hilfe bitten: Geben Sie kurze, höfliche und einschrittige Anweisungen. Bitten Sie ggf. die zu pflegende Person um konkrete Mithilfe: „Können Sie mir dabei helfen, sich die Zähne zu putzen?“

    Die Fähigkeit älterer Menschen mit Demenz, verbale Kommunikation zu verarbeiten, insbesondere von komplexen Anweisungen, nimmt mit dem Fortschreiten der Krankheit ab. Das „Stichwort geben“ verhindert eine verbale Überlastung und damit eine darauf aufbauende Bedrohungswahrnehmung. Die Bitte zur Mithilfe kann die Einordnung der Situation zusätzlich fördern. Dies schafft Sicherheit.

  7. Berührung: Setzen Sie Berührungen zur Beruhigung ein. 
    Achtung: Bei eingetrübtem Bewusstsein im Sinne der Anbahnung z. B. zunächst am Arm beginnend und dann weiter die Hand über die Schulter bis zum Mund führen.

    Berührungen können beruhigend wirken und potenzielle Ängste lindern.

  8. Priming bzw. Bahnung: Händigen Sie der zu pflegenden Person Utensilien zur Mundpflege aus, damit diese die Mundpflege selbständig beginnen oder begleiten kann. Geben Sie ihr z. B. die Zahnbürste, übernimmt die Person die Bürste und fängt an, sich die Zähne zu putzen.

    So können unbewusste Erinnerungen stimuliert wurden und durch diese Einbindung wird die Situation eher als unbedrohlich wahrgenommen.

  9. Verkettung: Führen Sie die Mundpflegemittel wie z. B. der Mundspülbecher oder die Zahnbürste unterstützend bis zum Mund. Die zu pflegende Person übernimmt an dieser Stelle und spült den Mund oder führt das Putzen der Zähne dann selbstständig aus.

    Auch hier steht die Anbindung an Erinnerungen zur Selbstpflege im Fokus.

  10. Hand über Hand: Legen Sie die eigene Hand auf die Hand der zu pflegenden Person und führen Sie die Bewegung gemeinsam aus. Oder legen Sie die Hand der zu pflegenden Person auf Ihren Unterarm und führen Sie so die Hand während der Mundpflege mit.

    Die gemeinsame Ausführung senkt die Bedrohungswahrnehmung. Diese Technik ist besonders beim Entfernen von Zahnprothesen empfehlenswert.

  11. Spiegeln: Machen Sie eine Maßnahme vor.

    Werden Handlungen vorgemacht, kann dies Erinnerungen wachrufen, die eine selbständige Durchführung nach sich ziehen.

  12. Spieglein, Spieglein: Positionieren Sie die zu pflegende Person vor einen Spiegel und stellen Sie sich direkt dahinter. Greifen Sie um die zu pflegende Person herum und unterstützen Sie sie so bei der Mundpflege.

    Die „Spieglein, Spieglein“-Technik ähnelt dem Vorgehen beim Priming. Dies ist besonders nützlich bei Personen, die dazu neigen, den Mund zuzukneifen. Menschen öffnen ihren Mund häufig automatisch, wenn die Mundpflege vor einem Spiegel erfolgt.

  13. Retten: Wenn die abwehrenden Verhaltensweisen eskalieren, ziehen Sie sich aus der Situation zurück. Lassen Sie sich durch eine andere Pflegekraft „ersetzen“.

    Die Bedrohungswahrnehmung kann (unbewusst) auch mit einer bestimmten Person verbunden sein. Daher ist es manchmal ratsam, sich zurückzuziehen. Eine andere Person kann u. U. dann als Retter wahrgenommen werden.

Weitere Überlegungen

Diese Seite wurde zuletzt am 12.06.2025 geändert.

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