Allgemeinerkrankungen Demenz

Demenz
Allgemeinerkrankungen

Demenz (lateinisch "ohne Geist") ist eine Syndromdiagnose und fasst so verschiedene Erkrankungszeichen bzw. Wesensveränderungen zusammen. Dazu zählen unter anderem Vergesslichkeit, Sprache, Motorik oder Persönlichkeitsveränderung. Hauptmerkmal ist also eine Verschlechterung geistiger (kognitiver) Fähigkeiten mit der Zeit - im Gegensatz z.B. zu angeborenen Minderbegabungen.

"Menschen mit Demenz brauchen eine Bindungsperson, um sich psychisch zusammenhalten zu können" (Müller-Hergl, 2014)

Bei primären Demenzen (90 %) ist das Gehirn selbst erkrankt. Hirnzellen sterben ab und die Erkrankung ist (bis heute) nicht heilbar. Die primären Demenzen werden dabei nochmals unterteilt in neurodegenerative Formen mit Ablagerungen bzw. Verklumpungen und vaskuläre Formen mit gestörter Blutversorgung.

Bei sekundären Demenzen (10 %) ist die Funktionstüchtigkeit des Gehirn aufgrund anderer körperlicher Erkrankungen oder Störungen aufgrund von Vergiftungen bzw Mangzelzuständen beeinträchtigt.

  • 2020 leben ca. 1,6 Millionen demenzkranke Menschen in Deutschland
  • Jährlich ca. 300.000 Neuerkrankungen
  • 2040 werden es ca. 2,0-2,4 Millionen Menschen sein
  • „Dunkelziffer“ höher
  • Ca. 20-40% aller Parkinsonkranken erkranken an einer Demenz,
    Tendenz bei zunehmendem Alter steigend
Demenz-Betroffene in Deutschland 2019Demenz-Betroffene in Deutschland 2019

Die beschriebenen geistigen Veränderungen wie der Verlust von Gedächtnis, Denken, Urteilsvermögen, Affektkontrolle oder auch die Störungen von Persönlichkeit, Antrieb, Sozialverhalten müssen mindestens über einen Zeitraum der zurückliegenden sechs Monate zu beobachten sein.

Demenz ist nicht zu verwechseln mit Delir z.B. wegen Schlaganfall, Tumor oder einfach Dehydrierung!

Die primären Demenzen können klinisch an folgenden charakteristischen Merkmalen unterschieden werden:

Alzheimer-Demenz

  • Plaques, Fibrillen
  • Schleichende Orientierungsstörung / Gedächtnisverlust

Demenz aufgrund zerebrovaskulärer Erkrankungen (z.B. Schlaganfall)

  • Vaskuläres Geschehen & kognitive Leistung
  • Abrupte / Stufenweise Veränderungen

Lewy-Körper-Krankheit

  • Eiweißrest-Einlagerungen im Gehirn
  • Frühzeitig: Sinnestäuschungen

Frontotemporale Demenz

  • Alter: 50–60 Jahre, Spanne: 20–85 Jahre
  • Veränderungen der Persönlichkeit & des Sozialverhaltens im Vordergrund
  • Frühzeitig: Störung der Wortfindung & Sprachverständigung
Primäre Demenzen: Beispiele

Demenz & Mundgesundheit

  • Statistiken zur Bezahnung gleichaltriger Gesunder und Alzheimer-Erkrankter zeigen, dass im Verglich zu 44% der Gesunden nur noch 10% der Alzheimer-Kranken bezahnt sind. Bei Voruntersuchungen wurden zudem vor den ersten Alzheimer-Symptomen häufiger PA-Keime im Gehirn festgestellt.
  • Zähne bzw. Implantate verbessern die kortikale Plastizität. Die Folge von Zahnausfall sind zunächst Implantate oder Prothesen bis hin zur Zahnlosigkeit. Zahnlosigkeit führt schließlich zu reduzierter Hirnaktivität.
  • Kauen fördert den zerebralen Blutfluss und aktiviert den Hippocampus, sowie den präfrontalen Kortex. Die ist wichtig für Lern- und Gedächtnisleistungen. Reduziertes Kauen v.a. im Alter verändert die Neuronen.
  • Daneben reduziert Kauen Stress (endokrin/autonom) über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (Stressachse). Reduziertes Kauen andererseits induziert chronischen Stress.

Erste Symptome

  • Wirkt verwirrt
  • Keine adäquate Reaktion auf die Situation
  • Unangemessene Kleidung
  • Schwierigkeiten, auf Fragen präzise zu antworten – Verwendung von Floskeln
  • Ständiges Wiederholen der gleichen Aussagebei gleichzeitig höherem Lebensalte

1. Frühes Stadium:

  • Störungen von Gedächtnis, Orientierung, Denkvermögen und Wortfindung (Gesprächsinhalte, Fernsehen, Zeitung, Verabredungen, ‚Suchen’)
  • Antriebsminderung, nachlassende Leistung bei anspruchsvollen Aufgaben (Termine organisieren, Urteile fällen, Entscheidungen treffen, Probleme lösen, Autofahren, Bankgeschäfte), sonst aber u. U. noch selbständig
  • Erhaltene Krankheitseinsicht (Depression, Fassade)

Bedrohtes Ich (Van der Kooij):

  • Abwehr
  • Beschuldigung
  • Hilfe wird nicht angenommen
  • Selbst-/Fremdwahrnehmung gestört
  • Versagen im Freundeskreis
  • Sie haben immer Recht!
  • Verantwortung übertragen
  • Zettel, Objektfixiert
  • Bestätigen, validieren

2. Fortgeschrittenes Stadium:

  • Einschränkungen in der Bewältigung des Alltags, auch bei einfachen Aufgaben (Bus fahren, Einkaufen, Kochen, Körper- und Zahnpflege)
  • Zunehmende Sprachstörungen, Erinnerung verblasst, zunehmende Orientierungslosigkeit (Tageszeit, Ort, Datum, Verlaufen, Beruf, Namen von Familienmitgliedern vergessen)
  • Verlust der Krankheitseinsicht (Personen verkennen, ’Zeitreise’ – Differenz Selbst-/Fremdwahrnehmung)
  • Unruhe, Aggressivität, Wahn, Sinnestäuschungen, Verkennungen (Fernseherbilder werden als ‚echt’ erlebt), Inkontinenz

Verirrtes Ich:

  • Orientierungslosigkeit
  • Sammeln, Horten
  • Unruhe, können nicht alleine sein
  • Suchen nach Nähe
  • Abwehr von körpernahen Tätigkeiten
  • Keine intrinsische Motivation
  • Beschäftigung, von Bedeutung sein
  • Demenzlogik
  • Beziehung zentral, Subjektfixiert
  • Eindeutige Aussagen wichtig

3. Spätes Stadium:

  • Hochgradiger geistiger Abbau
  • Pflegebedürftigkeit, körperliche Symptome (Inkontinenz, Verlust der Kontrolle über Körperhaltung, Schluckstörungen, Krampfanfälle, Infektionsanfälligkeit)
  • Tod nicht durch Alzheimer-Krankheit sondern meist durch Pneumonien

Verborgenes / Versunkenes Ich:

  • Nesteln
  • Kontrakturen, Immobilität
  • Hilflosigkeit, Stürze
  • Nichterkennen nahestehender Menschen
  • Sterbephase nicht kalkulierbar – immer länger
  • Keine Körperwahrnehmung

»Menschen mit Demenz brauchen eine Bindungsperson, um sich psychisch zusammenhalten zu können.«
(Müller-Hergl, 2014).

Therapie

Bei Demenz sind Techniken der Validation (Wertschätzung) im Alltag und in speziellen Situationen sehr hilfreich.

Die Behandlung von Demenzerkrankung zielt auf die Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit, die Alltagsbewältigung sowie die Milderung von psychischen und verhaltensbezogenen Symptomen.

Dafür werden folgende Therapiestrategien verfolgt:

  • Geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen
  • Beratung der Angehörigen zum richtiger Umgang mit den Betroffenen
  • Bedarfsgerechte Gestaltung des Wohnumfelds
  • Medikamente

Nicht-medikamentöse Behandlungen der Demenz zielen darauf ab, kognitive und körperliche Fähigkeiten zu trainieren. Ebenso können so Unruhe oder Reizbarkeit gemindert werden. Teilweise können die Behandlungen ärztlich verordnet und von den Krankenkassen erstattet werden (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Verhaltenstherapie).

Schließlich spielt auch die bedarfsgerechte Beratung, Unterstützung und Entlastung der Angehörigen ein wichtige Rolle.

Therapie: ohne Medikamente

Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung

Im Hinblick auf die Botenstoffe im Gehirn besteht bei der Alzheimer-Demenz ein Acetylcholin-Mangel sowie ein Glutamat-Überschuss. Cholinesterase-Hemmer (Wirkstoffe: Donepezil, Galantamin, Rivastigmin) verhindern den Abbau von Acetylcholin und sind für leichte bis mittlere Demenzstadien zugelassen. Ausbleibende Wirkung, Nebenwirkungen auf oder auch bestimmte Grunderkrankungen können die Auswahl des Wirkstoffes beeinflussen. Der Glutamat-bedingten Dauerstimulation der Nervenzellen kann mit Memantin vorgebeugt werden und ist für die mittelschwere bis schwere Demenz zugelassen. Sowohl Memantin als auch Cholinesterase-Hemmer können die Symptome häufig nur stabilisieren, der Nervenzell-Untergang wird jedoch nicht verhindert und deshalb nehmen die Beschwerden im Verlauf weiter zu.

Bei vaskulären Demenzformen kommen vor allem Blutdrucksenker, Blutverdünner, Cholesterinsenker und Antidiabetika zum Einsatz.

Behandlung von psychischen und verhaltensbezogenen Symptomen

Können Schmerzen (z.B. aufgrund einer Blasenentzündung oder aufgrund von Problemen im Mund) ausgeschlossen werden und bleiben nicht-medikamentöse Therapie-Ansätze (z.B. Veränderungen im Tagesrhythmus, körperliche Aktivität, Anpassungen der äußeren Umgebung) ohne Erfolg, können Antidepressiva hilfreich sein. Die selektiven Serotonin- bzw. Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI, SRNI) steigern den Antrieb. Mirtazapin oder Agomelatin dagegen haben schlafanstoßende Wirkung und können dementsprechend Tagesmüdigkeit mit sich bringen. Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sind vor allem bei der Eindosierung aufmerksam zu beobachten.

Behandlung von Verhaltenssymptomen

Aggressivität, Sinnestäuschungen, Unruhe oder Wahn – Neuropleptika (Antipsychotika) können hilfreich sein, müssen aber in individuell und in niedriger Dosierung möglichst nur über kurze Zeit sowie unter engmaschiger Kontrolle verordnet werden. Die Gefahr für Schlaganfälle ist erhöht. Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen, Schwindel oder Muskelsteifheit steigern zudem die Sturzgefahr. Bei Parkinson oder der Lewy-Körper-Demenz kommen deshalb bevorzugt Quetiapin oder Clozapin zum Einsatz.

Als Beruhigungsmittel können Bezodiazepine (z.B. Diazepam oder Lorazepam) verordnet werden. Aber nur kurzzeitig und ausnahmsweise, da diese ebenfalls die Sturzgefahr steigern und zudem Suchtpotential besteht.

Behandlung von Schlafstörungen

Zolpidem, Zopiclon, Mirtazapin oder Agomelatin werden im Anfangsstadium zur Behandlung von Schlafstörungen eingesetzt. Antipsychotika kommen in fortgeschrittenen Stadien zum Einsatz.

Diese Seite wurde zuletzt am 13.04.2023 geändert.

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